Gegenwart Gottes

Jean Vanier, der Gründer der „Arche“- Gemeinschaften, in der geistig behinderte und nicht behinderte Menschen zusammen leben, sagte einmal: Es gibt ein Mysterium der Präsenz Gottes gerade bei den armen, kranken, bedürftigen, behinderten und leidenden Menschen. Jean Vanier spricht eine tiefe Wahrheit aus:

Gottes Gegenwart in dieser unserer Welt wird besonders durch arme und leidende Menschen sichtbar!

Aber wir finden diese Gegenwart Gottes noch an vielen anderen Stellen dieser Welt:

  • Die Präsenz Gottes in der Schönheit und Erhabenheit der Natur.
  • Die Präsenz Gottes bei den Liebenden und sich Verzeihenden.
  • Die Präsenz Gottes und seine Spur auch in den Tieren: der Wal, der aus der Tiefe des Meeres auftaucht oder das seelenruhig am Waldrand äsende Reh.
  • Die Präsenz Gottes bei Sterbenden, die sich Ihm ganz überlassen können.

Diese Präsenz ist wirklich und wirklicher, tief und tiefer als alles, was wir sonst begreifen. Zumeist befinden wir „uns“ jedoch an der Oberfläche des Lebens, verstrickt in Alltagssorgen und Alltagsgeschäfte, die unseren Blick trüben und uns nicht mehr „schauen“ lassen.

Außerdem werden wir durch das, was sich uns durch die Welt der Geschäftigkeit, Geschwätzigkeit und Werbung aufdrängt, immer unfähiger, diese Realität wahrzunehmen, geschweige denn ihr zu trauen. Nur in der Freiheit des Vertrauens und in der Haltung des Sich- Überlassens eröffnet sich die je tiefere Realität und spricht uns an. Sie fordert uns auf und zur Antwort heraus ... Aber auch wenn sie uns verborgen ist, unserem Zugriff entzogen , womöglich, weil wir alles zu sehr begreifen und kontrollieren wollen, ist sie dennoch da als der „Grund“, der uns am Leben hält und uns trägt; und dies vom ersten Atemzug an bis zum letzten. Auch als der Untergrund unseres Engagements und unserer bewussten Lebensentscheidungen, die sich womöglich gar nicht gläubig verstehen und ausweisen wollen, ist sie da.

Diese Gegenwart Gottes ist Schönheit und liebendes Erbarmen, tiefer als unser Vorstellungs- und Fassungsvermögen und wird für uns besonders sichtbar in den Gesichtern leidender Menschen und in den Gesichtern sehr glücklicher Menschen.

Impuls

  • Ich lasse heute die Gesichter von Menschen auf mich wirken, denen ich begegne

Literatur

  • Jean Vanier, Weites Herz, Dem Geheimnis der Liebe auf der Spur, Neufeld 2010

(Text von Gustav Schädlich-Buter)