Narrenfreiheit
„Was die anderen von mir denken und halten, ist mir wichtiger als das, was für mich selbst wichtig ist und für mich zählt.“ Nach diesem Motto scheinen die meisten Menschen in unserer Gesellschaft zu leben.
Auf das eigene Herz hören, ist nämlich ein riskanter Weg, weil man schnell in den Augen der anderen als „Null“ oder „Narr“ (David Gilmore) da-stehen kann; eben als einer, der versagt hat. „Närrisch“ den eigenen Sinn suchen, könnte leicht ins Abseits stellen; also lieber sich den bestehenden Gegebenheiten oder fremden Zwängen anpassen, sich mit festgefahrenen Einstellungen abfinden, als womöglich - und wer hat nicht Angst davor? – am Ende allein da zu stehen. Für nicht wenige gilt das Leben dann bestanden, wenn man es zu etwas gebracht hat. Auch um den Preis, alle eigenen Lebensimpulse abgewürgt zu haben.
Wer kennt sie nicht die bestehende Alltagswelt, die oft wenig mit der Sehnsucht des eigenen Herzens übereinstimmt: Überforderung oder Unterforderung, graue Monotonie Missverständnisse, Stress, sture Pflichterfüllung, rigides Abarbeiten des Vorgegebenen, manipulieren und autoritär bevormunden, zynisch verlachen, sich niedergeschlagen fühlen, Angst vor den Urteilen anderer, Angst, sein Gesicht zu verlieren, humorlos an der Fassade bauen, die das verletzliche Selbst schützt ...
Und dennoch bleibt in fast jeder Seele der tiefe Wunsch, die unausrottbare Sehnsucht, sein Leben mit einer „inneren Feder“ zu schreiben. Wer möchte nicht einmal aus den einengenden „Vorbahnungen“ (Herkunft, Biografie, Leistungsideale, gesellschaftlicher Druck) auszubrechen und sich als Clown verkleiden?
Wer sehnt sich nicht danach wieder ganz lebendig werden, das Leben mit Pfeffer zu würzen, wild sein, Neues ausprobieren, die schlummernden kreativen Kräfte aktivieren. Einmal nicht der Pflicht gehorchen, einmal nicht Rädchen im Getriebesein , einmal nicht im System gefangen, einmal keinen Vorurteilen ausgesetzt und auch niemand beurteilen müssen; einmal leben jenseits meiner und aller Vorstellungen wie „Leben zu gehen hat!“
Schon der Gedanke daran bringt mich einwenig näher an mein Herz heran, verwandelt mich innerlich, bringt mich dorthin, wo es „narrenernst“ wird ... auch wenn all dies völlig nutzlos erscheint in Bezug auf meine „Karriere.“
Doch dann kommt sie schon wieder die alte Angst: „Werde ich dann noch ernst genommen? Bin ich dann nicht in den Augen der anderen eine ´Null`? Wäre es nicht doch besser hinter einer Mauer aus Seriosität und Wichtigkeit verschanzt zu bleiben? Finde ich noch Mitspieler als Narr in dieser Welt? Was ist mir wichtig in deinem Leben? Beantworte ich diese Frage mit herzfremden Erfolgsvokabeln, die mich als Gefangenen des Leistungssystems ausweisen?“
Der „Narr in mir“ sieht sehr schnell, warum ein Mensch wichtig ist, was ihn wichtig erscheinen lässt und er relativiert das Ganze. Der „Narr in mir“ bewegt sich immer in Richtung des Herzens, er möchte berühren, Kontakt aufnehmen, er zeigt sein Gefühle, lacht, weint, schreit, hat keine Angst, etwas zu verlieren. Der „Narr in mir“ traut seinen Inneren mehr als der Etikette. Im Raum jenseits der Vorgaben fühlt er sich wohl, unbekümmert und fraglos tanzt er den Tanz des Lebens.
„Die Ros ist ohn warum, sie blühet, weil sie blühet“, sagt ein alter Dichter und „Humor ist das Einzige im Leben, was man ernst nehmen muss. Alles andere muss man mit Humor nehmen.“ (Elmar Gruber)
Und komisch: innere Narrenfreiheit taucht manchmal mitten in der Krise auf, dort wo wir gepatzt und gescheitert sind, wo unser allzu verzweifeltes Bemühen uns nicht mehr weiterführt.
Impuls
- Schauen Sie sich den Film Alexis Sorbas an, vorallem die Schlussszene und überlegen Sie ob Sie dazu Parallelen in ihrem Leben finden!
Literatur
- David Gilmore, Der Clown in uns, Humor und Kraft des Lachens, München 2007
(Text von Gustav Schädlich-Buter)